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Schweizerische Eidgenossenschaft - Webinhalte über Lugner
«Wir bauen nicht nur Moscheen.
» Das stimmte.
Auch die Renovierung des Stadttempels der jüdischen Kultusgemeinde in Wien war ein Lugner-Projekt.
Eines von bis zu 600 gleichzeitig.
Die Firma wuchs, und der Mann an ihrer Spitze wurde reich.
Vom Ende des Durchwurstelns bis zum Wurschtl war es irgendwann nur noch ein kleiner Schritt.
Richard Lugner glaubte auf so fatale Weise an die Werbewirksamkeit von Publicity, dass er sich als die Operettenversion seiner selbst noch einmal erfand.
Er wollte in die Zeitungsschlagzeilen und in die Klatschspalten Sendungen des Fernsehens.
Die Boulevardmedien haben den Wiener Baumeister irgendwann zu ihrem Idol erkoren, weil er zuverlässig für Peinlichkeiten sorgte.
Weil er schon Reality-Soap war, bevor es das Format überhaupt gab.
Man musste ihn nur abfilmen, wie er im Dialekt Weisheiten von sich gab oder über ein Privatleben parlierte, in dem nichts mehr privat war; bei Lugner schaute man in ganze Wäscheschränke von Affären.
Richard Lugner war die kleine Welt, die auf einmal groß wurde.
Umso folgerichtiger war es, dass er ab den neunziger Jahren den Wiener Opernball mit seiner Anwesenheit beehrte und über die anwesende High Society mit eingekaufter Prominenz triumphierte.
Stilikonen wie Sophia Loren, Grace Jones und Claudia Cardinale holte sich Lugner in seine Loge.
Viel Silikon war auch mit dabei.
Brigitte Nielsen und Pamela Anderson.
Abgetakelte und aufgetakelte Stars.
2024 war Priscilla Presley der letzte Gast des mittlerweile 91-Jährigen.
Das Schauspiel folgte den immer gleichen Regeln.
Erst langes Mutmaßen des Boulevards, wen aus der internationalen Prominenz Lugner nach Wien locken wird.
Dann Pressekonferenz und ein gemeinsamer Auftritt in der Loge.
Die Blitzlichter der Fotografen.
Dass es ein Wiener Boulevardjournalist war, der sich den halb witzigen Spitznamen «Mörtel» für den Baumeister ausgedacht hat, passt zu dessen Erfolgsgeschichte.
Stil zu haben, wäre für Lugner einem Fauxpas gleichgekommen.
Er schien große Lust an der Unterschreitung jeglicher Stilgrenzen zu haben.
Dass er damit wie das österreichische Duodezformat eines Donald Trump wirkte, ist sicher kein Zufall.
Anfang der neunziger Jahre eröffnete Richard Lugner im Wiener Arbeiterbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus seine Shoppingmall namens «Lugner-City».
Der im bunten Las-Vegas-Chic gestaltete Einkaufstempel war die Rache am urbanen Chic der Innenstadt.
Mit Döner-Läden, Nagelstudios, Sexshops, Discountern und Kinos war eine Indoor-Landschaft entstanden, in der noch das Billigste einen traurigen Glanz bekam.
Die Lugner-City war wie Lugner selbst, der als Hausherr und König mehrmals täglich durch sein Reich wandelte, um Hände zu schütteln und Selfies mit sich machen zu lassen.
Als der Unternehmer 1998 seinen Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten begann, startete er hier mit einer Rede.
Ein Potentat vor dem eigenen Volk.
Fast zehn Prozent der gesamtösterreichischen Stimmen hat Lugner damals bekommen.
Beim zweiten Antreten 2016 waren es dann nur noch 2,26 Prozent.
Längst machte sich auch das österreichische Fernsehen über die Ambitionen Lugners lustig.
Im satirischen Talkshow-Format «Wir sind Kaiser» war er fixer Bestandteil.
Im Vorzimmer des österreichischen Kaisers musste der Baumeister Folge für Folge flehentlich um Audienz bitten, wurde aber nie zu seiner Majestät vorgelassen.
Die stärkste Waffe Richard Lugners war es, nicht kränkbar zu sein.
Seine Scham war ausgelagert.
Da war einer, für den sich die anderen schämten.
Aus diesem Grund war der Star der Wiener auch ein gefundenes Fressen für mediale Trash-Formate.
Lugner musste sich nicht verstellen.
Er war so.
Fernsehformate wie «Lugners Loveboat», «Lugner im Orient» oder «Die Lugners» haben einen Mann gezeigt, dessen Geschmackssicherheit darin lag, so etwas wie Geschmack gänzlich zu vermeiden.
Man sah den Bonvivant aus Rudolfsheim-Fünfhaus, wie er sich die Nasenhaare trimmen ließ.
Er wurde nah an den Einstichstellen seiner Botoxspritzen gefilmt oder bei der Eigenblutauffrischung.
Er sei ein «Gesundheitskapitalist», hat Lugners Frau Nummer vier einmal dem österreichischen Nachrichtenmagazin «Profil» verraten.
Als Kapitalist im eigentlichen Sinn war der Anwaltssohn immer weniger erfolgreich.
Die Übergabe des Unternehmens an die Söhne hatte es tief in die roten Zahlen gebracht.
Die Baufirma gibt es heute nicht mehr, und das Einkaufszentrum ist von der Cash-Cow in einen zweifelhaften Kultstatus abgestiegen.
Hier ist alles so schlecht, dass es schon wieder gut ist.
Zumindest nach außen hin haben Tiefschläge dieser Art dem Eigentümer nichts anhaben können.
Da war ja noch die Gesundheit, mit der der Lustgreis des Boulevards bis zuletzt alle an die Wand zu spielen wusste.
Er wurde immer älter, die Ehefrauen immer jünger.
2014 heiratete «Mörtel» eine um 57 Jahre jüngere pfälzische Krankenschwester namens Cathy «Spatzi» Schmitz.
Für die Medien gab es Bilder wie aus dem Kinderabenteuerland.
Das Paar in einer goldenen Kutsche, der Bräutigam das Lied trällernd: «Meine Leidenschaft ist heißer als Gulaschsaft.
» 2016 feierte RTL II das gemeinsame Eheleben mit der Doku-Soap «Cathy – der Millionär und das Bunny».
Nach der Scheidung von Cathy «Spatzi» Schmitz verlobte sich der Stützstrumpf-Tycoon mit der stellvertretenden Baumarkt-Filialleiterin Simone «Bienchen» Reiländer.
Noch im Juni 2024 feierte man in Wien Hochzeit mit mehreren hundert Gästen.
Auch Ehefrau Nummer sechs wurde in ein häusliches Tierreich aus Kosenamen eingemeindet, in dem sich zuvor schon ein «Mausi», ein «Goldfisch», ein «Kolibri» und, leicht außerhalb herkömmlicher zoologischer Nomenklatur, ein «Betthasi» getummelt hatten.
Das war Lugner-Humor.
Nun ist der «Society-Löwe» Richard Lugner am 12.
August in Wien nach kurzer Krankheit gestorben.
Er ist der Erste und Letzte seiner Art.