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Schweizerische Eidgenossenschaft - Webinhalte über Lars Klingbeil
Der Gewinner der Europawahl ist der Rechtspopulismus.
Er ist überall präsent, nicht nationalistisch, sondern globalistisch.
Die Regierungen in Frankreich und Deutschland wurden durch die Erfolge von Le Pen und Weidel bloßgestellt.
37 Stunden danach sieht man klarer: Der Sieger dieser Europawahl heißt Rechtspopulismus.
Er ist kein Nationalist, wie man vermuten würde, sondern ein wahrer Globalist, da er überall gleichzeitig seinen Auftritt hat.
In Frankreich und Deutschland wurden die Regierenden durch die Erfolge von Marine Le Pen und Alice Weidel regelrecht beschämt.
So kamen sie auf etwa 16 Prozent der Stimmen (vor 10 Jahren waren es noch rund sieben Prozent) und Le Pens Rassemblement National auf 31,4 Prozent (plus 6,5 Prozentpunkte seit 2014).
Der Klassiker von Franz Josef Degenhardt – „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.
Sing nicht ihre Lieder“ – wurde trotzig überhört.
Das Schmuddelkind ist der Star der Saison, gerade auch in der Arbeiterklasse.
Das neue Rot schimmert bräunlich.
Die Schmähung des SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil vom Wahlsonntag, als er die AfD – ob ihre Mitglieder, Wähler oder Funktionäre blieb offen – rundweg als „Nazis“ charakterisierte, war der wütende Reflex auf diesen Erdrutsch.
Die Frage, ob diese Art der Schmähung das Problem verkleinert oder vergrößert, muss heute Morgen nicht mehr gestellt werden.
Die Wahl selbst hat die Antwort geliefert.
Alice Weidel gluckste in besagter TV-Sendung vor Dankbarkeit, auch wenn das Vergnügen der guten Ordnung halber sich als Missvergnügen tarnte: „Unverschämtheit“, hauchte sie dem SPD-Parteivorsitzenden entgegen.
Sie spielt das Spiel der Schmuddelkinder, wissend, dass der Rechtspopulismus davon lebt, dass man ihn verteufelt.
Die Ausgrenzung durch die etablierten Parteien ist unverzichtbar für die Profilschärfung und wirkt in den Augen der potenziellen Wähler ähnlich inspirierend wie die Aufforderung der Eltern an ihre Teenager, auf der Party den Alkohol unbedingt zu meiden und dafür beherzt dem Orangensaft zuzusprechen.
Ist ja so gesund.
Wer die Rechten verteufelt, das ist der Vorteil dieser Immunisierungsstrategie, muss sich mit ihren Argumenten nicht herumschlagen.
Er kann das Leiden der Mittelständler im Angesicht eines übergriffigen Staates routiniert überhören.
„Die Bürokratisierung hat die Tendenz, die Welt zu entzaubern und die Herrschaft der abstrakten Rationalität zu verstärken“, hat schon Max Weber geschrieben.
Der Mittelstand liest Börsenkurse und nicht Max Weber.
Aber er weiß exakt, was der Soziologe hier meinte.
Die Herrschaft der abstrakten Rationalität sitzt den Deutschen im Nacken.
Die Bürokratie nervt viele mehr als Björn Höcke.
Das Nicht-Hören und Nicht-Gesehen-Werden wird noch verstärkt durch ein feudalistisches Imponiergehabe, das alle europäischen Regierungspolitiker eint.
Sie lieben jetzt nicht mehr ihre Wähler, sondern den Komfort.
Schwarze Limousinen am roten Teppich warten vor schlossähnlichen Regierungssitzen darauf, dass Staatsbedienstete geflissentlich die gepanzerten Türen aufhalten.
Dem Volksvertreter, der sich jetzt Präsident und Kanzler nennt, soll es an nichts fehlen.
„Kulturelle Beherrschung ist immer auch Beherrschung der Formen“, hat Pierre Bourdieu sie gelehrt.
So hält der Wahlsonntag für alle Neugierigen und Lernwilligen mehr als nur eine Lektion bereit.
Wir erleben überall Zustände, die sich wechselseitig brauchen, um einander beklagen, bekämpfen und bezichtigen zu können.
Nazi sucht Systempartei – und umgekehrt.
„Ich bin Ende oder Anfang.
“ Dieser Satz stammt von Franz Kafka, der zwischenzeitlich nicht wusste, wo ihm der Kopf stand.
Dieser Satz könnte aber auch von den Politikern der demokratischen Mitte stammen.
Es liegt jetzt an ihnen, den gestrigen Tiefpunkt zum Ausgangspunkt zu erklären, damit Ende nicht Ende, sondern Anfang bedeutet.
Aktion, Reaktion: Emmanuel Macron musste am Sonntagabend eine herbe Niederlage einstecken.
Seine Renaissance-Partei kam auf 14,5 Prozent der Stimmen.
Anders gesagt: Mehr als 85 Prozent der Wähler stimmten gegen ihn und damit gegen seine Regierungslegitimation.
Nimmt man alle Wahlberechtigten in den Blick, hat der französische Präsident sogar nur knapp 7,5 Prozent aller erwachsenen Franzosen hinter sich versammeln können.
Es zeigt sich: Je jünger die Wähler, desto weniger Stimmen konnte die Renaissance erzielen.
Am wenigsten überzeugte Macrons Partei bei den 18- bis 34-Jährigen.
Dort haben nur noch fünf Prozent für ihn gestimmt.
Ein anderes Bild zeigte sich bei den Rechtspopulisten von Marine Le Pen: Sie schaffte es mit dem 28-jährigen Spitzenkandidaten Jordan Bardella, die jungen Wählerpotenziale auszuschöpfen.
Mit Blick auf die 18- bis 34-Jährigen konnten die Rechtspopulisten sechsmal mehr Menschen (32 Prozent) überzeugen als die Regierungspartei.
Bardellas Bekanntheitsgrad auf TikTok (1,5 Millionen Follower) dürfte der Partei dabei geholfen haben.
Ein Tag vor der Wahl mobilisierte Bardella auf seinem TikTok-Account nochmal gegen Macron und seine Administration: Für die amtierende Ministerpräsidentin von Italien, Giorgia Meloni, führte die Wahl zu einer erneuerten Legitimation.
Während sie mit der rechtspopulistischen Partei Fratelli d'Italia bereits bei der Parlamentswahl im Oktober 2022 mit rund 26 Prozent in Regierungsverantwortung aufstieg, konnte Meloni das Ergebnis vorgestern Abend mit rund 29 Prozent übertreffen.
Zum Vergleich: Bei der vergangenen Europawahl 2019 kam die Meloni-Partei auf nur rund 6,5 Prozent – weniger als ein Viertel der heutigen Werte.
Von der Straße in die Politik: Meloni, selbst in einem Arbeiterviertel in Rom aufgewachsen, hat nicht vergessen, wo sie herkommt.
Sie gibt sich nicht volksnah, sie ist volksnah.
Für ihre Wähler ist sie nicht Premierministerin Meloni, die sich im Regierungsviertel versteckt, sondern eine Politikerin in Bodennähe: In Österreich musste die regierende Volkspartei ÖVP gegenüber den Rechtspopulisten einstecken.
Während die Kanzlerpartei um knapp zehn Prozentpunkte auf 24,7 Prozent abgestürzt ist, konnte die rechtspopulistische und in Teilen rechtsextreme FPÖ 25,5 Prozent der Stimmen einholen und damit mehr als acht Prozentpunkte dazugewinnen.
Damit wurde sie bei einer bundesweiten Wahl zum ersten Mal zur stärksten Partei gewählt.
Der Versuch der Kanzlerpartei, ihre Konkurrenz rechtsaußen zu überholen, ist gescheitert.
Auch die FPÖ – der viele nach dem Tod ihres Chefs Jörg Haider die politische Bedeutungslosigkeit vorhersagten – bespielt den gemeinsamen Resonanzboden der rechtspopulistischen Parteien in Europa.
Sie wendet sich gegen das „Establishment“, gegen das „System“, das von einer selbsternannten Elite geführt und gefüttert werde.
Mit dem Slogan „EU-Wahnsinn stoppen“ zog Spitzenkandidat Harald Vilimsky in diesen Wahlkampf.
FPÖ-Parteichef Herbert Kickl ging Ende Mai auf Tour.
Sein Motto: Die Moderatorin der Auftaktveranstaltung am 24.
Mai zitierte Jörg Haider mit einem Slogan, den auch Björn Höcke schon für sich nutzte: „Es wird alles versucht, uns von der Regierungsverantwortung fernzuhalten“, sagt Alice Weidel.
Es seien „absurde Behauptungen“, die der Verfassungsschutz aufstellt, der ohnehin „parteipolitisch instrumentalisiert“ werde.
Ihr Vorwurf an die Regierung: Die Bürger müssen in Krisenzeiten auf ihre Ausgaben achten.
Nicht so der Staat und die ihn beherrschenden Politiker der etablierten Parteien, kritisiert Weidel.
Sie weiß, wie sich das Ressentiment gegen die politische Elite befeuern lässt: Bei der Europawahl am Sonntag die Bestätigung: 15,9 Prozent der Stimmen erreichte die AfD, 4,9 Prozentpunkte mehr als noch 2019.
Es war das höchste Ergebnis der Partei seit ihrer Gründung.
Dazu passt: Nachdem Emmanuel Macron am Sonntag die Nationalversammlung auflöste und noch für diesen Monat Neuwahlen ankündigte, blickt im Pioneer-Podcast die französische Politikwissenschaftlerin Dr.
Claire Demesmay auf die Stimmung in der französischen Bevölkerung.
In Macrons deutlicher Wahlniederlage sieht Demesmay die Abstrafung einer Kaste, die sich vom Volk entfernt hat: Das Ergebnis der Europawahlen war für ein Schock.
Bei „Markus Lanz“ sollte Anton Hofreiter Ursachenforschung betreiben.
Die Analyse des Grünen-Politikers, der plötzlich von über 50 Prozent rechtsradikalen AfD-Wählern sprach, machte den Moderator fassungslos.
Bei der Europawahl mussten die Grünen eine herbe Niederlage einstecken.
Während die Bundesspitze die Lage analysiert, wird auch auf lokaler Ebene nach den Ursachen gesucht.